07.04.2016
Seminar über exakte Auftragskalkulation beeindruckte die Mitglieder der Maler- und Lackiererinnung Westfalen-Süd
Siegen. Wer seine Preise nur mit dem breiten Daumen ermittelt und gern einmal Fünfe gerade sein lässt, nur um einen Auftrag zu erhalten, der führt seine Firma im Blindflug.
„Volles Risiko“, sagt Peter Schuchardt, Geschäftsführer des Maler- und Lackiererinnungsverbandes. „Wenn man durchgehend so arbeitet, kann das existenzbedrohend sein.“ Beim Seminar der Maler- und Lackiererinnung Westfalen-Süd im Haus der Siegerländer Wirtschaft ging es um die exakte Auftragskalkulation. Mit ihr steht oder fällt der Unternehmenserfolg.
Peter Schuchardt ist Malermeister und Betriebswirt und kennt die Situation seines Handwerks sehr genau. Um am Markt bestehen zu können, dürfen sich Betriebsinhaber keine Schnitzer erlauben. Denn: „Kalkulation heißt nicht, eine grobe Hochrechnung über einen vielleicht zu erzielenden Preis abzugeben.“ Doch in manchen Betrieben werde einfach mit Richtwerten hantiert, statt genau zu berechnen – beispielsweise den Stundenverrechnungssatz. „Bei dem gibt es einige Faktoren, die können Sie gar nicht beeinflussen.“ Wer genau kalkuliert, komme bei dem einen oder andern Auftrag zwangsläufig zu dem Schluss, dass man ihn besser nicht annimmt.
Das Phänomen, dass die genaue Berechnung leicht auf der Strecke bleibt, gibt es nicht nur auf der Seite des Anbieters. Peter Schuchardt nannte als Beispiele Aufträge für Kommunen, bei denen trotz genauer Ausschreibung die Preise erheblich auseinander lagen. So sehr, dass der niedrigste unmöglich die Kosten decken konnte. Dennoch erteilt die öffentliche Hand solchen Anbietern den Zuschlag. „Ich sage den Kommunen immer: Ihr verwechselt wirtschaftlich mit billig.“
Also widmeten sich die Malermeisterinnen und Malermeister in dem gut besuchten Seminar gründlich den unterschiedlichen Faktoren, die in die Berechnung einfließen – und erhielten außerdem noch manchen nützlichen Tipp. Mit einigem Erstaunen erfuhren sie zum Beispiel von dem Betriebsinhaber, der seinen Mitarbeitern kostenlos eine Boulevard-Zeitung auf den Pausentisch legt. Klingt merkwürdig, rechnete sich für den Mann aber. Denn allein die Zeit, die zuvor oftmals für das Besorgen der Zeitungen durch die Mitarbeiter verloren ging, überstieg den Kaufpreis des Blattes deutlich. Auch die Produktivität ist ein Faktor, der in die Kalkulation einfließen muss. Darüber, wie produktiv Mitarbeiter sind, gibt es oft nur sehr vage Vorstellungen. „In der Regel liegt die Produktivität bei 65 bis 70 Prozent“, sagt Peter Schuchardt. „100 Prozent werden sie nur in Extremsituationen erreichen können.“ Aber zehn Prozent mehr sind durchaus drin, wenn der Chef nur einige Regeln beachtet. Schuchardt: „Die Mitarbeitermotivation wird in Zukunft eine noch stärkere Bedeutung erlangen.“
Erst wenn der Stundenverrechnungssatz exakt ermittelt wurde, kann überhaupt kalkuliert werden. „Sie müssen bei Preisverhandlungen genau wissen, wann für Sie Schluss ist.“
Und wenn ein Auftrag ausgeführt ist, dann wird gleich noch einmal kalkuliert: Die Nachkalkulation ist mindestens ebenso wichtig wie die Auftragskalkulation, denn sie gibt Auskunft darüber, ob der Auftrag zu Gewinn oder zu Verlust führte. Ein sicheres Rezept, wie ein Handwerksbetrieb von nun an nur noch lukrative Aufträge erhält, konnte auch Peter Schuchardt nicht geben.
„Aber für uns alle war es wichtig, Sie zu hören, damit wir künftig besser erkennen könne, wo die Grenzen liegen“, fasste Obermeister Volker Stahl zusammen. „Dann geht es künftig bei diesem Thema öfters auf das notwendige Sicherheitsdenken hinaus.