KH
Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd

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06.03.2018

Mitgliederversammlung der Bau-Innung Westfalen-Süd beschäftigte sich mit dem Thema „Perspektiven für junge Flüchtlinge im Handwerk“

Wie steht es um die Beschäftigung von Flüchtlingen in Einstiegsqualifizierung, Ausbildung und Arbeit?

Danica Junker, Berufsberaterin mit Schwerpunkt für die Personengruppe Flüchtlinge bei der Agentur für Arbeit Siegen, gab einen kurzen Überblick zum Thema. Das Gesetz sehe keine Beschränkung für anerkannte Flüchtlinge vor, erklärte die Referentin. Anders jedoch für Asylbewerber und sogenannte „Geduldete“. Ein Arbeitsmarktzugang gebe es für diese Gruppen erst ab 4 Monaten nach der Asylantragstellung. In diesen Fällen sei eine Arbeitserlaubnis der Ausländerbehörde nötig. Die Agentur für Arbeit ist in dem Verfahren beteiligt und prüft die Beschäftigungsbedingungen.

Das Integrationsgesetz, so erklärte Danica Junker, schaffe Rechtssicherheit während der Ausbildung und die Duldung für die Gesamtdauer der Ausbildung und darüber hinaus für weitere zwei Jahre. Die bisherige Altersgrenze von 21 Jahren für den Ausbildungsbeginn würde aufgehoben, so die Expertin. Die Berufsausbildung sei eine echte Zukunftschance für die Flüchtlinge. Zudem gebe es als unterstützende Begleitmaßnahme für die Dauer der Ausbildung auch Fördermittel.

Frank Schmidt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit erklärte weiterführend: „Für den Personenkreis müssten mehr Fördermittel bereit gestellt werden. Dies sei allerdings in die Intention des Gesetzgebers gestellt.“ Der Leiter der Arbeitsagentur Siegen stellte als weiteres Förderinstrumentarium für die Qualifizierung das Programm WeGebAU vor. (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen) Mit einem breit gefächerten Angebot bietet dieses Programm eine hervorragende Möglichkeit zu qualifizierter Weiterbildung des hier angesprochenen Personenkreises.

Frank Schmidt ging sodann auf Wirtschaft 4.0 ein. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen seien gefordert, sich im Unternehmen in Sachen Digitalisierung am laufenden Stand zu halten und nicht abgehängt zu werden. Er begrüßte in diesem Zusammenhang die in Kooperation mit dem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Siegen, der IHK, den Arbeitgeberverbänden und der Kreishandwerkerschaft angebotene Workshopreihe zur Qualifizierung von Digital Scouts.

Horst Grübener, Geschäftsführer AWZ Bau in Kreuztal-Fellinghausen hat bereits Erfahrung in der Weiterbildung mit jungen Flüchtlingen gesammelt, und zwar in Zusammenhang mit dem  Programm der Bundesagentur für Arbeit, das unter dem Titel „Perspektiven für junge Flüchtlinge im Handwerk“ steht. Das AWZ-Bau biete ein kompaktes Aus- und Weiterbildungsprogramm an, das den jungen Flüchtlingen eine Perspektive im Handwerk biete.

Das Flüchtlingsprojekt wurde erstmals im Juni 2016 in Zusammenarbeit mit dem „Integration Point Siegen und Olpe“ (der Integration Point besteht aus Mitarbeitern der Agentur für Arbeit und des Jobcenters) mit einer Lehrgangsdauer von sechs Monaten durchgeführt. Die jungen Flüchtlinge erhielten einen Einblick in die Berufe Maurer, Beton-und Stahlbauer, Zimmerer, Straßenbauer sowie Fliesen-,Platten- und Mosaikleger. Begleitend zur Praxis erhielten und erhalten die jungen Leute einen Deutsch-Sprachunterricht, sowie einen Mathematik-Unterricht, ein Bewerbungstraining sowie einen Einblick in den „Alltag in Deutschland“.

Das „Haus der Berufsvorbereitung für Flüchtlinge“ sei ein Projekt des bbz (IHK Siegen) und dem CJD Olpe sowie dem AWZ Bau als Kooperationspartner. Die Teilnehmer können aus verschiedenen Berufsbereichen wählen. Der Theorieunterricht als erste Phase dauert drei Monate. In der zweiten Phase erwerben die jungen Flüchtlinge 2 Monate lang praktische Grundlagen. Darauf erfolgen ein einmonatiges Praktikum sowie eine einmonatige Praxis und noch ein weiterer Monat Praktikum bevor es in die „Vermittlungsphase“ geht.

 „Vorab wurde bereits eine gute Vorauswahl getroffen: die jungen Flüchtlinge besitzen handwerkliches Geschick und zeigen Interesse. 8 junge Männer aus der Gruppe „Flüchtlinge“ haben bereits im vergangenen Jahr die Ausbildung im Bau begonnen. Drei von Ihnen wählten den Beruf „Straßenbauer“, zwei entschieden sich für den „Maurerberuf“, ein junger Mann entschied sich für den Beruf des Beton- und Stahlbetonbauers und 2 junge Männer begannen die Lehre als Fliesenleger“, berichtete Horst Grübener. Der kulturelle Unterschied beschränke sich nicht nur auf Sprache, Optik, Kleidung und Sitten. Arbeit und Bildung sei oft  dem familiären oder religiösen „Mittelpunkt“ untergeordnet, oder ein Privileg der wohlhabenderen Gesellschaftsschichten.

Nach den Erfahrungen, die das AWZ bisher gemacht habe, könnten sprachliche Barrieren durch Förderung überwunden werden, so Geschäftsführer Horst Grübener. Die Flüchtlinge zeichneten sich durch eine besondere Motivation aus. 

Nach den einzelnen Vorträgen in Sachen „Beschäftigung von Flüchtlingen in Einstiegsqualifizierung, Ausbildung und Arbeit“, gab es zu den Themen noch einen regen Gedankenaustausch unter den Innungsmitgliedern.

Text und Foto(s): Rita Lehmann