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Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd

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20.12.2019

Umstrittene „Bonpflicht“: Belastung für Betriebe und Umwelt

Kreishandwerkerschaft bietet Infoveranstaltung mit Steuerberater Tobias Schmidt

Kreis Siegen-Wittgenstein/ Kreis Olpe. Seit Wochen wird über die Einführung des neuen Gesetzes zur „Bonpflicht“ ab 1. Januar 2020 bundesweit heftig diskutiert. Die Kreishandwerkerschaft sorgt nun mit einer Infoveranstaltung mit Steuerberater und Rechtsanwalt Tobias Schmidt für Klarheit bei den Betrieben und erklärt, worauf es zu achten gilt. Zahlreiche Betriebe mit Ladenkasse folgen der Einladung in den Eintrachtsaal der Siegerlandhalle.

Auch im heimischen Handwerk wird die Einführung der neuen Kassensicherungsverordnung und die damit verbundene Pflicht, einen Kassenzettel zu drucken, ab 01.01.2020 stark kritisiert. Insbesondere für das Bäcker- und Fleischerhandwerk, aber auch für den Handel generell, hat diese neue gesetzliche Regelung massive Auswirkungen. Denn die Verpflichtung, bei jeder Transaktion einen Kassenbon zu drucken – ob die Kunden ihn möchten oder nicht – ist nicht nur eine wirtschaftliche und zeitliche Belastung für die betroffenen Betriebe, sondern auch für die Umwelt. Das nimmt die Regierung – trotz vehementer Kritik – jedoch bewusst in Kauf und weist Ausnahmeregelungen kategorisch ab.

Betriebe müssen sich auf Bonpflicht zum Jahresbeginn einstellen


Die Bonpflicht kommt also und die Finanzbehörden lassen sich von der berechtigten Kritik nicht beirren. Deshalb müssen sich alle Betriebe, die eine elektronische Registrierkasse nutzen, auch die Änderungen zum Jahresbeginn einstellen. Wer die neuen gesetzlichen Regelungen ignoriert, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu 25.000€ Strafe geahndet wird. Wichtig ist also, sich auf diese unweigerlich kommende Neuerung vorzubereiten. Um keine formellen Fehler zu machen, die bei einer Betriebsprüfung zu Problemen führen, müssen alle Betriebe ihre Kassen beim Finanzamt bis zum 31.Januar 2020 an- bzw. bei Abschaltung abmelden. Außerdem seien die Kassenzettel, die künftig auch  jeder Bäcker, Fleischer, Friseur oder auch Einzelhändler drucken muss, sehr umfangreich und glichen eher eine Rechnung. "Die aktuellen Kassensysteme sind wohl manipulationsanfällig. Deshalb gibt es den Regierungsentwurf zur Einführung der Kassensicherungsverordnung, bereits seit 2016. Alle Kassen müssen demnach mit einer technischen Sicherheitseinrichtung versehen werden. Damit sollen unerkannte Löschungen, Änderungen und somit Fälschungen im Kassensystem vermieden werden. Ursprünglich sollten Kassen bis zum Beginn des neuen Jahres die neuen Vorschriften erfüllen, das Finanzministerium räumte nun noch mehr Zeit bis Ende September 2020 ein. Die Bonpflicht gilt dennoch von Januar an“, erklärt Steuerberater und Rechtsanwalt Tobias Schmidt die Hintergründe. Aber auch der Experte teilt die Kritik an dieser Gesetzesneuerung und zeigt Unverständnis für die fehlende Unterstützung der Finanzbehörden.

Keine Unterstützung von Finanzbehörden – wichtige Formulare noch nicht verfügbar


Unverständnis für die fehlende Unterstützung der Finanzverwaltung herrscht auch beim heimischen Handwerk. Nach Aussage von Tobias Schmidt stehen die Formulare zur An- und Abmeldung der Kassen bis heute nicht bei den Finanzämtern zur Verfügung – gleichzeitig werden die Formalitäten aber von den Behörden bis zum 31. Januar 2020 gefordert. Und auch die Vertreter der Handwerksbetriebe fühlen sich im Stich gelassen. „Wir haben die örtlichen Finanzämter Olpe und Siegen angefragt und gebeten für Fragen zum Thema bei unserer Infoveranstaltung zur Verfügung zu stehen. Von beiden Behörden kamen Absagen.  Die Oberfinanzdirektion Münster und auch das Landesfinanzministerium, die wir dann aufgrund unserer Absagen angeschrieben hatten, haben auf unsere Anfragen erst gar nicht reagiert. Dieses Verhalten steht im Gegensatz zur Aussage der Landesregierung, dass der Mittelstand in Deutschland „den Karren zieht“ und Hilfestellung der Ministerien und sonstigen öffentlichen Behörden erwarten kann. Stattdessen werden wir einfach sitzen gelassen“, ärgert sich Jürgen Haßler, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd. Obermeister der heimischen Bäcker-Innung Georg Sangermann wundert sich ebenso über die befremdliche Aussage von  Ministerpräsident Armin Laschet, der nach eigenen Angaben von der Thematik überhaupt nichts wisse bzw. nichts mitbekommen habe“. Armin Laschet  wurde bei der kürzlichen Verleihung des Großen Stutenkerls an Ministerin Julia Klöckner in Dortmund von Repräsentanten den Bäckerhandwerks – unter anderem Georg Sangermann als stellvertretender Landesinnungsmeister – persönlich auf das Thema angesprochen.

Betriebe ärgern sich über Umweltbelastung und Generalverdacht


„Mit der Einführung des neuen Gesetzes werden pauschal alle Betriebe unter Generalverdacht gestellt. Dabei werden ja aktuell auch schon alle Transaktionen im Kassensystem abgebildet“, so Obermeister Georg Sangermann. Insbesondere im Lebensmittelhandwerk wünschen viele Kunden keinen Kassenzettel, da dieser ohnehin im Müll landet. Ausdrucken müssen die Betriebe diese aber trotzdem und dann aufwendig entsorgen. Denn: Kassenbons gehören nicht in den normalen Papiermüll, sondern sind aufgrund des Thermopapiers Sondermüll, der auch dementsprechend entsorgt werden muss. Das stellt in Zeiten des Klimawandels und des unbedingt notwendigen Umweltschutzes eine erhebliche Belastung für eben diese dar. Mit der Menge der jährlich ausgedruckten Kassenbons könne man 43 Fußballfelder abdecken. Hintereinander gelegt ergäben sie eine Länge von 2,2 Millionen Kilometern, das reiche aus, um den Äquator 50 Mal mit Kassenbons zu umwickeln, schreibt die "Welt". „Es gibt wohl auch die Möglichkeit, den Kassenzettel elektronisch per Mail oder aufs Handy zu senden. Aber wie das dann wiederum in Bezug auf den Datenschutz aussieht, ist ein spannendes Thema“, so Tobias Schmidt schmunzelnd.

Erklärt, worauf Betriebe ab Januar 2020 zu achten haben: Steuerberater und Rechtsanwalt Tobias Schmidt.

Jürgen Haßler kritisiert die „Bonpflicht“, die ab Januar 2020 gilt, und die fehlende Unterstützung der Finanzbehörden.

Zahlreiche Betriebsinhaber mit Ladenkasse sind der Einladung der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd zur Infoveranstaltung „Das Wichtigste zur Belegausgabepflicht“ gefolgt.

Text und Foto(s): TEXTWERK ATTENDORN, Rebecca Dalhoff, Attendorn