KH
Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd

News-Detailansicht

17.11.2016

Unternehmensnachfolge im Bäckerhandwerk. Zu diesem Thema hatte die Bäckerinnung in der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd eine Expertin eingeladen.

Heimisches Bäckerhandwerk diskutierte mit Viola Pfersich, erfolgreiche Masterstudentin an der Uni Siegen

Seither ist die Bäckerfachschule in Olpe als Garant für eine hervorragende Vorbereitung auf die Meisterprüfung in der gesamten Bundesrepublik bekannt. Moderne Schulungsräume und Maschinen stehen zur Verfügung, ebenso erstklassig ausgebildete Lehrkräfte. In nächster Zeit wird sich das Gesicht der Schule wieder einmal verändern. Aufgrund der steigenden Schülerzahl soll mehr Raum geschaffen werden für die Unterbringung der künftigen Bäckermeisterinnen und Meister, so verriet der Schulleiter, Direktor Leo Trumm. 

Allerdings gibt es grundsätzliche Sorgen im Bäckerhandwerk, denn das Handwerk hat einen starken Rückgang erlebt, wie Georg Sangermann, Innungsobermeister der Bäckerinnung für den Bereich Olpe, Siegen und Wittgenstein, kürzlich im Rahmen einer Zusammenkunft von Bäckermeistern und Meisterschülern erklärte. Es fehlt an Nachwuchs.

Zu diesem Thema hatte die Bäckerinnung in der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd eine Expertin eingeladen. Viola Pfersich, Prüfungsassistentin bei einer Wirtschaftsprüfungs-gesellschaft im Ruhrgebiet, hat sich intensiv mit der Thematik „Nachwuchssorgen im Bäckerhandwerk“ beschäftigt. Aus gutem Grund: Ihre Bindung zum Bäckerhandwerk ergab sich durch den elterlich geführten Fachgroßhandel für Bäckerei- und Konditoreibedarf in 2. Familiengeneration in Süddeutschland. Ihr Masterstudium mit BWL mit dem  Schwerpunkt „Management mittelständischer Unternehmen“ an der Universität in Siegen hatte denn auch in ihrer Abschlussarbeit die  „Unternehmensnachfolge im deutschen Bäckerhandwerk“ zum Thema mit der zentralen Fragestellung: „Ist die Nachfolgeproblematik im Bäckerhandwerk neben dem Wettbewerb und dem demografischen Wandel eine weitere Ursache für das sogenannte Bäckereisterben in Deutschland? Und worin liegen die Ursachen für den Mangel an interessierten Übernehmern für die Bäckereibetriebe?“

Untersuchungen von Viola Pfersich, die für ihre hervorragende Masterarbeit in diesem Jahr mit dem Förderpreis der IHK Siegen ausgezeichnet worden ist, ergaben interessante Ergebnisse: Unter anderem, dass Desinteresse, gesunkene Leistungsbereitschaft oder mangelnde Qualifikation der potenziellen Übernehmer nicht die Hauptursache für das Scheitern vieler Bäckereinachfolgen seien. Die Verantwortlichkeit läge manchmal bei den Übergebern selbst, fand Viola Pfersich heraus. Denn nicht alle Betriebe seien übergabebereit oder wettbewerbsfähig. Dies träfe in erster Linie auf kleinere Betriebe zu.

Wenn die Bäckereibetriebe strukturell und wirtschaftlich attraktiv für eine Betriebsnachfolge aufgestellt seien, wäre grundsätzlich ein Übernahme-Interessent zu finden - sei es in der Familie oder außerhalb, kam Expertin Viola Pfersich zu dem Schluss ihrer Untersuchungen.

An die Ausführungen der Referentin schloss sich eine lebhafte und konträre Diskussion der Teilnehmer an, an der sich auch die angehenden Meisterinnen und Meister der laufenden Meisterkurse bei der Bäckerfachschule beteiligten.

Neben den Nachwuchssorgen hätten sich auch die politischen Rahmenbedingungen für das Bäckerhandwerk in den letzten Jahren verändert, ebenso das Einkaufsverhalten der Kunden, stellten die Bäckermeisterinnen und Meister fest.  Auch die überbordende Bürokratie in Deutschland sei für viele potenzielle Übernahmekandidaten ein Hemmschuh. Die Dokumentationspflichten beim Mindestlohn, die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, der vom Bundesfinanzministerium geplante Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Kassenmanipulationen, der ganze Branchen unter Generalverdacht stelle und jetzt auch noch in NRW die Bestrebungen der rot-grün geführten Landesregierung zur Einführung einer -aus Sicht des heimischen Bäckerhandwerks überflüssigen- Hygieneampel raubten den Mut zur Selbstständigkeit.

Ein Teilnehmer berichtete hautnah, wieviel Papier letztendlich der Vater im Betrieb bewegen müsse. Darauf habe er einfach keine Lust. Aber auch ein positives Resümee zogen die Teilnehmer. Sie brachen eine Lanze für die Betriebsberatung der Handwerksorganisationen, sei es durch die Kreishandwerkerschaft vor Ort selbst oder durch die Experten der Handwerkskammer bzw. des Landesinnungsverbandes. Hier würde jedem Existenzgründer verlässliche und kompetente Beratung geboten.

Viola Pfersich (MSc) referierte vor dem heimischen Bäckerhandwerk. Links: Obermeister Georg Sangermann

Text und Foto(s): Rita Lehmann