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Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd

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29.11.2018

Beschäftigung von Geflüchteten: Was ist zu beachten?

Infoveranstaltung der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd gibt einen Überblick

Siegen. Darf jeder Geflüchtete einer Beschäftigung nachgehen oder eine Ausbildung machen? Welche Fördermöglichkeiten gibt es? Ist der Aufenthaltsstatus relevant? Um auf diese und weitere Fragen Antworten zu geben, kamen bei der Informationsveranstaltung der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd gleich mehrere Institutionen zu Wort.

Rund 20 interessierte Handwerksbetriebe waren der Einladung der Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd zur Informationsveranstaltung in das Westfalenzimmer der Siegerlandhalle gefolgt, um sich über das Thema „Beschäftigung von Geflüchteten“ zu informieren. Um von allen Seiten Licht ins Dunkel dieser komplexen Thematik zu bringen, referierten sowohl Vertreter der Handwerkskammer Südwestfalen, der Agentur für Arbeit Siegen als auch der hiesigen Ausländerbehörde. Die Wichtigkeit und die Bedeutung dieses Themas macht Kreishandwerksmeister Frank Clemens bereits in seiner Begrüßung deutlich: „Angesichts des Fachkräftemangels kann die Zuwanderung für das Handwerk auch eine Chance sein. Es gibt bereits einige gute Beispiele, aber ebenso viele Regularien, die eingehalten werden müssen. Auch das Spektrum bei den Geflüchteten ist groß. Wenn wir uns informieren und austauschen, kann man aus den Fehlen Anderer lernen.“

Willkommenslotsen – Integrationshilfe fürs Handwerk

Um Geflüchteten den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern und um Betriebe bei der Integration dieser Menschen zu unterstützen, gibt es seit März 2016 das Programm der Willkommenslotsen in Deutschland. Einer dieser insgesamt rund 180 Willkommenslotsen ist Udo Linnenbrink von der Handwerkskammer Südwestfalen aus Arnsberg. Er viel unterwegs, um über seine Arbeit zu berichten und um Menschen zu helfen. Dazu gehört nicht nur die individuelle Beratung von Handwerksbetrieben im Hinblick auf die Einbindung von Geflüchteten in die Unternehmen sondern auch die Abstimmung von Fördermaßnahmen sowie die Hilfestellung bei rechtlichen Rahmenbedingungen und der bürokratischen Abwicklung. Doch nicht nur die juristischen und organisatorischen Angelegenheiten seien wichtig: Entscheidend für eine gelungene Integration sei eine gute Willkommenskultur. „Die Menschen haben in der Regel in ihren Heimatländern etwas gelernt und gearbeitet. Allerdings ist eine solche Lehre nicht mit dem deutschen Ausbildungssystem vergleichbar. Deshalb ist es für die Geflüchteten oft schwer, die Bürokratie in Deutschland nachzuvollziehen. Es gibt aber viele talentierte Menschen in diesem Personenkreis. An dieser Stelle möchten wir Integration möglich machen und ihnen die Chance geben, sich weiterzuentwickeln. Dafür ist eine gute Willkommenskultur notwendig. Es gibt eine Vielzahl von Kultur- und Verhaltensunterschieden, denen man mit Verständnis und einem gewissen Fingerspitzengefühl von beiden Seiten begegnen sollte.“

Fehlende Sprachkenntnisse sind langfristiges Problem

Mehrere Arbeitgeber aus dem Publikum berichten von ihren individuellen Erfahrungen in der Beschäftigung von Geflüchteten. Der Konsens: Sprache sei oftmals problematisch, aber die Menschen seien fachlich hochmotiviert. Diese Erfahrung hat auch Horst Grübener, Leiter des Aus- und Weiterbildungszentrums Bau in Kreuztal, gemacht: „Die Sprachbarriere ist ein Problem, aber fachlich sind die jungen Menschen sehr engagiert. Manche Arbeitgeber sind jedoch nicht bereit, zunächst in die Menschen zu investieren. Aber wenn man investiert, bekommt man sehr viel zurück. Es lohnt sich.“ Im Aus- und Weiterbildungszentrum Bau in Kreuztal wird deshalb Unterricht zur Sprachunterstützung angeboten. Drei Stunden pro Woche werden Geflüchtete, die in den Betrieben angestellt sind, in Deutsch unterrichtet. „Eine tolle Sache“, findet Willkommenslotse Udo Linnenbrink. „Das grundlegende Thema Sprache wird uns noch lange beschäftigen und erfordert Geduld. Auch Kreativität ist gefragt. Aber mit Engagement und gemeinsamem Anpacken ist einiges möglich.“

Welche Fördermöglichkeiten gibt es?

Thomas Wendel, Teamleiter Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit Siegen, stellte gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Marina Guse vom Fachbereich Arbeitgeberservice, verschiedene Förderprogramme für Geflüchtete vor. Wie wichtig das Thema Ausbildung und Förderung für diese Menschen ist, zeigt auch die Altersstruktur der Geflüchteten: 38% der Menschen sind zwischen 15 und 25 Jahren alt, weitere 33% sind im Alter von 26 bis 35 Jahren. Insgesamt ergibt sich daraus: 71% der Geflüchteten seien in einem ausbildungsfähigen Alter. Das Angebot an Fördermöglichkeiten durch die Agentur für Arbeit reicht unter anderem von einem Eingliederungszuschuss über ein Praktikum als Maßnahme zur beruflichen Eingliederung bis hin zu einer betrieblichen Einstiegsqualifizierung. „Wichtig ist jedoch, dass Anträge bei der Agentur für Arbeit immer vor einem Beginn der Tätigkeit gestellt werden. Das gilt für alle Fördermaßnahmen. Außerdem wird bei den Entscheidungen über Förderung immer der Einzelfall geprüft. Dieser hängt von vielen Faktoren ab“, betont Marina Guse.
 
Ausländerbehörde über Aufenthaltstitel, Duldung und 3+2 Regelung

Warum der Aufenthaltsstatus der Geflüchteten maßgeblich zu berücksichtigen ist, erklären Thomas Schneider, Amtsleiter öffentliche Sicherheit und Ordnung, und Carsten Müller, Sachgebietsleiter Ausländerbehörde der Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein. Stellt ein Geflüchteter mit Aufenthaltsgestattung einen Asylantrag, so gibt es zunächst zwei Möglichkeiten. Entweder dieser wird anerkannt und der damit Schutzberechtigte bekommt einen elektronischen Aufenthaltstitel, der ihn auch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit/Beschäftigung berechtigt. Oder aber der Asylantrag wird abgelehnt und der Geflüchtete ist somit ausreisepflichtig. Wenn derjenige nicht freiwillig ausreist und eine Abschiebung vorübergehend nicht möglich ist, erhält der nach wie vor grundsätzlich Ausreisepflichtige eine Duldung. Eine Beschäftigung ist in diesem Fall generell nicht gestattet, nur mit Zustimmung der Agentur für Arbeit in Verbindung mit der Ausländerbehörde in bestimmten Fällen möglich. Die Entscheidung darüber sei einzelfallabhängig, betont Carsten Müller. „Auch während eines laufenden Asylverfahrens – frühestens aber nach drei Monaten – können Geflüchtete einer Beschäftigung nachgehen, sofern sie die Erlaubnis von der Agentur für Arbeit bzw. der Ausländerbehörde bekommen haben. Diese wird aber im Falle einer späteren Ablehnung des Asylantrags hinfällig und kann dann ggf. neu entschieden werden“, fügt Thomas Schneider hinzu. „Eine Ausnahme ist eine Ausbildungsduldung, auch 3+2 Regelung genannt, die unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Diese erlaubt einem Ausreisepflichtigen mit Duldung eine 3-jährige Ausbildung zu absolvieren und anschließend 2 Jahre im erlernten Beruf zu arbeiten. In dieser Zeit kann der Geflüchtete nicht abgeschoben werden.“

Herkunftsländer der Geflüchteten sind starker Faktor

Ausschlaggebend für die Aussicht auf die Anerkennung des Asylantrags ist das Herkunftsland der Geflüchteten. Nach Aussagen von Thomas Schneider wird die Liste der sogenannten sicheren Herkunftsländer jedoch regelmäßig verändert und an die aktuelle Situation angepasst. Deshalb sei eine Prognose immer schwer zu treffen. Kommen Geflüchtete aus sicheren Herkunftsländern, so ist die Bleibeperspektive – auch wenn sie vorübergehend geduldet werden – schlecht. Für Unternehmen, die einen Geflüchteten beschäftigen oder ausbilden möchten, ist daher das Herkunftsland ein wichtiger Faktor. Aus den Reihen des Publikums wurde auch die Sorge deutlich, als Arbeitgeber „umsonst“ in Ausbildung und Förderung investiert zu haben, wenn die Menschen möglicherweise Deutschland schnell wieder verlassen müssen. Thomas Schneider weiß: „Der Dschungel an rechtlichen Gegebenheiten und das Asyl- und Ausländerrecht sind undurchsichtig und kompliziert. Wir sind deshalb überaus dankbar, dass es Willkommenslotsen gibt. Sie sind ein Wegweiser für Geflüchtete und auch für potenzielle Arbeitgeber. Wir sind bei Fragen offen für Gespräche. Im Dialog kann man für vieles eine Lösung finden – wenn auch leider nicht für alles. Oft sind uns auch die Hände gebunden. Zudem gibt es ein großes Spektrum. Es gibt nicht nur arme Menschen unter den Geflüchteten, sondern auch Personen, die die Situation systematisch ausnutzen. Das muss man auch sehen.“  

Marina Guse vom Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit informiert über die verschiedenen Fördermöglichkeiten.

Einer dieser insgesamt rund 180 Willkommenslotsen ist Udo Linnenbrink von der Handwerkskammer Südwestfalen aus Arnsberg.

Carsten Müller, Sachgebietsleiter Ausländerbehörde der Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein.

Thomas Schneider, Amtsleiter öffentliche Sicherheit und Ordnung.

Text und Foto(s): Rebecca Dalhoff